Wenn Regeln zur Debatte werden

von Redaktion Redazione

Eine hitzige Debatte im Südtiroler Landtag zeigt, wie entscheidend die Geschäftsordnung für parlamentarische Spielräume ist.

In der Oktober-Sitzungsfolge des Landtages gab es eine lange Diskussion um die Zulässigkeit von Beschlussanträgen und die Zuständigkeiten des Landesparlaments – und damit letztlich auch um die Geschäftsordnung. Auslöser dafür war ein Antrag, in dem der sofortige Rücktritt des Bischofs gefordert wurde.

Kürzlich sorgte eine technische, aber politisch dennoch relevante Debatte im Südtiroler Landtag für Aufsehen: Es ging um die Geschäftsordnung des Landesparlaments und um die Frage, wann ein Beschlussantrag zulässig ist – das heißt, ob ein Antrag im Landtag behandelt werden darf oder nicht.

Für viele mag das trocken klingen, aber solche Diskussionen bestimmen mit, wie Politik funktioniert, zeigen den Rahmen, innerhalb dem sich die Spielräume der Abgeordneten bewegen, und definieren die Zuständigkeiten von Landtag und Landespolitik.

Was ist die Geschäftsordnung des Südtiroler Landtages?

Die Geschäftsordnung ist ein vom Landtag selbst beschlossenes Regelwerk. Es umfasst etwa 140 Artikel und legt fest, wie die parlamentarische Arbeit ablaufen soll – etwa in Ausschüssen und im Plenum oder beim Einreichen von Anträgen und Gesetzentwürfen. Ziel ist ein strukturierter, fairer und nachvollziehbarer Ablauf der politischen Arbeit.

Wesentlich ist dabei das Gleichgewicht: Die Mehrheit soll regieren können, die Opposition hingegen konstruktiv kontrollieren und kritisieren. Für die Einhaltung der Regeln sorgt der Landtagspräsident oder die -präsidentin.

Änderungen an der Geschäftsordnung können von Abgeordneten vorgeschlagen werden. Der Ausschuss für die Geschäftsordnung hat die Aufgabe, die Vorprüfung aller Anträge auf Abänderung der Geschäftsordnung zu übernehmen. Die endgültige Entscheidung trifft dann der Landtag.

Neben zahlreichen anderen Punkten ist in der Geschäftsordnung auch festgehalten, wann Beschlussanträge (diese enthalten Aufforderungen an die Landesregierung, in einer bestimmten Art und Weise zu handeln)unzulässig sind. Genaugenommen geht es in Artikel 113 der Geschäftsordnung darum – in diesem heißt es, dass Beschlussanträge und Anfragen nicht zulässig sind, wenn sie in „beleidigender oder ungehöriger Ausdrucksweise abgefasst sind“, wenn sie „Angelegenheiten zum Gegenstand haben, von denen Bürger/Bürgerinnen Südtirols nicht direkt betroffen sind“ oder wenn sich der Landtag in den vergangenen sechs Monaten bereits mit dem Thema befasst hat.

Die jüngste Diskussion: Zulässigkeit eines Beschlussantrags

Genau um eine solche Zulässigkeit bzw. Nicht-Zulässigkeit ging es am 8. Oktober 2025 im Plenum des Landtages. Der konkrete Anlass: der Beschlussantrag Nr. 310/25 „Sofortiger Rücktritt von Bischof Muser“, eingebracht vom Abgeordneten Jürgen Wirth Anderlan (JWA Wirth Anderlan).

Einige Abgeordnete bezweifelten, dass dieser Antrag zulässig war. Fragen waren etwa: Ist die Angelegenheit eine Zuständigkeit des Landtages? Dürfen kirchliche Personalfragen abgestimmt werden? Darf es eine Vermischung von Politik bzw. politischen Institutionen und Kirche geben?  Immer wieder wurde in der Diskussion auch Artikel 113 zitiert, allerdings unterschiedlich ausgelegt.

Es wurde auch versucht, eine Einigung im Kollegium der Fraktionsvorsitzenden zu finden – jedoch vergeblich. Das Gremium wird zur Prüfung unterschiedlichster Fragen, die sich im Verlauf einer Landtagssitzungen ergeben, einberufen. Die in diesem Zusammenhang vom Kollegium einstimmig gefassten Beschlüsse sind für den Landtag bindend; bei Fehlen der Einstimmigkeit entscheidet der Landtag. 

Dies hat er schließlich auch getan: 13 Abgeordnete stimmten dafür, den Antrag als unzulässig zu erklären, 18 dagegen, Landtagspräsident Arnold Schuler hat sich der Stimme enthalten. Damit war der Antrag als zulässig erklärt und wurde vom Plenum behandelt – und letztlich abgelehnt.

Dieser Vorfall zeigt, wie wichtig klar definierte und eindeutige Regeln für den ordnungsgemäßen Ablauf der Arbeiten einer gewählten Versammlung sind. Um solche Diskussionen künftig zu vermeiden, soll der Artikel 113 der Geschäftsordnung überarbeitet werden.